Das Festhalten der Stadtwerke Dachau und der Mehrheit des Stadtrates an den Trianel-Beteiligungen zum Bau neuer Kohlekraftwerke in Lünen und Krefeld wirkt zusehends fragwürdig und stur. Einerseits drängen alle Klimawissenschaftler die Politik immer verzweifelter, endlich entscheidende Maßnahmen gegen den Kohlendioxidanstieg der Erdatmosphäre zu unternehmen, da der Klimawandel viel schneller voranschreitet als selbst die schwärzesten Prognosen und Berechnungen vor wenigen Jahren annahmen. Andererseits werden auch die Stimmen aus der Energiewirtschaft lauter, die vor den wirtschaftlichen Risiken neuer Kohlekraftwerke warnen. Schließlich belegen immer mehr Studien des Umweltbundesamtes und anderer wissenschaftlicher Institutionen, dass es keinen echten Bedarf an neuen Kohlekraftwerken gibt, auch dann nicht, wenn am Atomausstieg festgehalten wird.
Da sich unsere Dachauer Kohlebefürworter offenbar weigern, die Schnelligkeit des Kliamawandels und auch die jüngsten Entwicklungen der energiepolitischen Debatte zur Kenntnis zu nehmen, wollen wir über die Dachauer Lokalpresse eine kleine Sonderlektion in Sachen Klimawandel und Energiepolitik anbieten. Niemand der heutigen Entscheider soll später einmal sagen können, man hätte ja leider nichts gewusst.
Herr Bürgel, Herr Stangl, Herr Koch, Herr Denk, Herr Forster, Herr Pfänder bitte nehmen Sie zur Kenntnis: der Klimawandel beschleunigt sich! Die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre steigt dreimal schneller als vom Weltklimarat IPCC prognostiziert. Mit 380 ppm CO2 haben wir heute die höchste Konzentration seit 650.000 Jahren. Folge: Der Meeresspiegel steigt schneller als erwartet, 3,1 Millimeter pro Jahr. Das klingt harmlos, hat aber bis zum Ende des Jahrhunderts katastrophale Folgen für mindestens 500 Millionen Menschen in den Küstenregionen. Sollte das gesamte Grönlandeis abschmelzen, steigen die
Meere um fünf Meter an!
Zurzeit sind neun Kohlekraftwerke in Deutschland im Bau, eins davon ist Lünen. Sie werden 65 Millionen Tonnen zusätzliches CO2 pro Jahr erzeugen, denn von der Abschaltung alter Kraftwerke ist bis jetzt nichts bekannt. Sieben Kraftwerke sind im Genehmigungsverfahren, 14 sind geplant; Deutschland würde dann seinen CO2-Ausstoß um 200 Millionen Tonnen erhöhen.
Herr Bürgel, Herr Stangl, Herr Koch, Herr Denk, Herr Forster, Herr Pfänder bitte nehmen Sie zur Kenntnis: neue Kohlekraftwerke sind ein großes wirtschaftliches Risiko! Die Produktionskosten für Kohlestrom werden steigen, weil der Brennstoff Kohle und auch die
CO2-Zertifikate langfristig teurer werden. Diese variablen Kosten fallen bei Strom aus Wind, Wasser, Sonne gar nicht an. Durch verbesserte Technik wird Strom aus erneuerbarer Energie langfristig kostengünstiger; in fünf bis zehn Jahren ist Kohlestrom nicht mehr konkurrenzfähig und bestenfalls nur noch als Spitzenlaststrom zu verkaufen. Grundlast aus Kohlekraftwerken wird in einigen Jahren kaum noch benötigt werden. Das ist keine Behauptung der BI, sondern das sagt ein Sachverständiger des Rates für Umweltfragen. Auch der Vorstandsvorsitzende von RWE Power, Dr. Johannes Lambertz, sagte kürzlich auf einer Messe in Köln, neue Kohlekraftwerke seien wirtschaftlich nicht mehr vertretbar. Der Energiekonzern Vattenfall hat im März 2009 im Berliner Stadtteil Lichtenberg den Bau eines Steinkohlekraftwerkes aufgegeben. Nicht nur die Bürger, sondern auch Senat und Wirtschaft lehnten das Projekt aus Klimaschutzgründen ab.
Herr Bürgel, Herr Stangl, Herr Koch, Herr Denk, Herr Forster, Herr Pfänder bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Deutschland ist seit Jahren Stromexportland! Wir haben nicht zu wenig, sondern zu viel Strom. Der Ersatz alter Kohlkraftwerke und auch der Kernkraftwerke ist einerseits durch konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien und andererseits durch höhere Energieeffizienz beim Stromverbrauch ohne technische Schwierigkeiten umzusetzen. Nach einer von EON (!) in Auftrag gegebenen Studie des Wuppertal-Institutes lassen sich bei Ausschöpfung aller Einsparmöglichkeiten 110 Milliarden kWh Strom pro Jahr einsparen und zwar ohne wirtschaftliche Nachteile. Das entspricht einer Leistung von 28 Kraftwerken der Größe Lünens! Es gibt keine Stromlücke in Deutschland.
Wir fordern hiermit alle Verantwortlichen der Stadt Dachau auf, sich umfassend zu informieren, über die Beteiligungen an Kohlekraftwerken nachzudenken und rechtzeitig ein klimaschädliches und wirtschaftlich abenteuerliches Vorhaben aufzugeben. Unser Bürgerbegehren gegen Lünen läuft, wir haben jedoch keine Eile, weil die Zeit für unser Anliegen arbeitet.
Dachau, 6.6.2009
Team der BI: Stefan Donath, Michael Eisenmann, Emmo Frey, Heinz Schmeisser
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Der Kohlosaurus besucht die Dachauer Altstadt
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Die Veranstaltung über die die Dachauer SZ nicht berichten wollte und weil wir das benennen sind sie jetzt beleidigt...
Erst Blutkohle, dann Blutstrom
Ab der Minute 6:10 min geht es um das Gebiet El Cerrjón in dem die Stadtwerke Dachau Kohle für die Kraftwerke abbauen lassen. Auch wenn man kein Spanisch kann, versteht man den Beitrag sehr gut. Auch die ersten 6 Minuten lohnen sich anzusehen.
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Geschenk an die Werkleitung
Atom und Kohle: Aus den Augen aus dem Sinn
Get clean coal clean! (NEW Air Freshener)
“Es ist so sauber”, freut sich der Familienvater am Anfang des Spots. Darauf der gelackte Verkäufer: “Ist gewöhnliches ’sauber’ für Ihre Familie sauber genug?” Und überreicht das neue “Clean Coal Clean”, den neuen “Saubere Kohle-Reiniger”. Die Stimme aus dem Off erklärt: “Die Bezeichnung ‘Saubere Kohle’ macht sich die wunderbare Stärke des Wortes ’sauber’ zunutze - um es als sauberstes ’sauber’ überhaupt erscheinen zu lassen.” Und dann nochmal der Verkäufer: “Clean Coal wird unterstützt von der Kohleindustrie, der vertrauenswürdigsten Stelle in Sachen Kohle.” - “In Wahrheit gibt es so etwas wie ’saubere Kohle’ nicht”, schließt der Abspann.
Diesen Spot produzierten die Oscar-Preisträger Ethan and Joel Coen (”No Country for Old Men”, “The Big Lebowski” u.a.).
Noch mehr Spots zu dem Thema finden Sie hier.
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